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Prof. Dr. Jerome Rotgans (Aachen)

Ergonomische Behandlungskonzepte in der zahnärztlichen Propädeutik

Freitag, 9. November 2012
Zeit: 11:10-11:35 Uhr
Ort: Forum, Analog
Ebene/Etage: 0

EINLEITUNG
In der Literatur werden gesundheitliche Beschwerden von Zahnärzten beschrieben, deren Ursachen in der beruflichen Tätigkeit zu finden sind. Diese Beschwerden haben trotz langjähriger ergonomischer Forschungs- und Entwicklungstätigkeit nicht abgenommen. Dieser Widerspruch könnte dadurch begründet sein, dass diese ergonomischen Erkenntnisse den Zahnärzten nicht ausreichend bekannt sind. Zurückzuführen ist dies u. a. auf die unzureichende Berücksichtigung ergonomischer Inhalte im Curriculum der Universitäten. Es wird deshalb, wie von der European Society of Dental Ergonomics (ESDE), einen größeren Raum für ergonomischen Inhalte in der universitären Ausbildung gefordert.
Dazu ist es notwendig festzustellen, welches ergonomische Behandlungskonzept für die Anforderungen der vorklinischen Ausbildung geeignet ist. Diese Fragestellung war Gegenstand der vorliegenden Studie, die auf die Untersuchung ergonomischer Lagerungssysteme eingegrenzt wurde, da Untersuchungen von Rohmert et al. (1986) ergaben. dass die gewählte Lagerung des Patienten einen entscheidenden Faktor darstellt.

METHODE
Es wurden zwei Lagerungssysteme – nach Rohmert und nach Beach – mit der habituellen Behandlungsweise der Studierenden, unter vorklinischen Ausbildungsbedingungen verglichen. Dabei wurden Unterschiede bzgl. der Arbeitshaltung, der benötigten Arbeitszeit, der Qualität des Behandlungsergebnisses und des subjektiven Beanspruchungsempfindens (Diskomfort) bewertet.
Die Untersuchungen wurden an der dentalen Simulationseinheit DSE 5190 der Firma KaVo durchgeführt. Als Probanden wurden 15 Studierende der Zahnheilkunde des 5 Semesters ausgewählt. Jeder Proband legte 9 okklusale Amalgamfüllungen am Zahn 16 und 9 okklusale Amalgamfüllungen am Zahn 35. Insgesamt wurden 270 Füllungen ausgewertet. Zur Erfassung der Arbeitshaltung dienten Videoaufnahmen und Handprotokolle.

ERGEBNISSE
Eine ergonomisch korrekte Haltung wird nicht habituell eingenommen. Wissen um ergonomische Zusammenhänge bewirkt eine deutliche Verbesserung der Haltungsparameter, Die beiden untersuchten Lagerungskonzepte führten zu signifikanten Verbesserungen der Körperhaltung. Bezüglich der benötigten Behandlungszeit wurde kein signifikant erhöhter Zeitbedarf verzeichnet.
Die Auswertung des Diskomforts ergab den günstigsten Beanspruchungsverlauf für das Konzept nach Rohmert. Die bei dem Konzept nach Beach vorgesehene indirekte Sicht (Spiegelsicht) bei der Behandlung im Oberkiefer führte zu einem deutlichen Anstieg der Beanspruchung. Ein deutlicher Anstieg der Beanspruchung ergab sich ebenfalls aus Fehlern bei der Patientenlagerung in habitueller Behandlungsweise. Ein einheitlich signifikanter Zusammenhang zwischen angewendeter Lagerungssystematik und erzielter Qualität der gelegten Füllungen ließ sich nicht nachweisen.

SCHLUSSFOLGERUNG
Eine ergonomisch korrekte Arbeitshaltung wird nicht habituell erworben. Deshalb sollten ergonomische Zusammenhänge und Arbeitstechniken möglichst früh in der universitären Ausbildung vermittelt werden. Der Vergleich beider Lagerungskonzepte ergab, dass das Konzept nach Rohmert für den Anfänger sehr vorteilhaft ist. Es ermöglicht gute Haltungswerte und zeigt einen günstigen Verlauf der subjektiven Beanspruchung. Der Hauptvorteil liegt in der direkten Sicht auf die zu behandelnden Zahnflächen. Das Konzept nach Rohmert stellt somit für die praktische Ausbildung einen überzeugenden Einstieg in ergonomische Behandlungskonzepte dar.
 
 
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