Logo Deutscher Zahnärztetag Prof. Dr. Gottfried Schmalz (Regensburg)

Prof. Dr. Gottfried Schmalz (Regensburg)

Risiko Pulpaschädigung durch Komposite

 
Insbesondere kurz nach der Polymerisation werden aus Komposit-Kunststoffen Substanzen (z.B. Monomere) freigesetzt, die in vitro zellschädigend sind. Zusammen mit Kompositen angewendete Säuren erhöhen außerdem die Permeabilität des Dentins und schließlich wird bei der Lichthärtung (auch bei LEDs) erhebliche Wärmeenergie frei. Anlass zur Besorgnis?

Interessanterweise hat Dentin eine nicht unerhebliche protektive Wirkung. Sowohl gegenüber den oben genannten chemischen als auch thermischen Noxen (aber nicht gegenüber Bakterien) schützt es die Pulpa in mittleren und flachen Kavitäten. In Pulpanähe (< 0,5 mm Restdentin) lässt diese Schutzwirkung jedoch exponentiell nach. Bei einer Pulpaexposition kommen vergleichsweise hohe Konzentrationen von z.B. eluierten Monomeren (aus dem Adhäsiv und aus dem Kunststoff) in Kontakt mit Pulpazellen. Durch zytotoxische Effekte kann es zu einer konsekutiven Pulpaentzündung kommen. Zudem wird die Biomineralisation gehemmt, was in vivo gezeigt werden konnte. Geringe Konzentrationen eluierter Monomere führen zwar nicht zum Verlust der Vitalität von Pulpa-Zellen (u.a. Progenitor-Zellen), aber der Energiehaushalt dieser Zellen wird z.B. durch eine Verschiebung des Redox-Gleichgewichts, der dann erforderlichen DNA-Reparatur oder der Apoptose derart beansprucht, dass eine Differenzierung der Progenitor-Zellen in sekundäre Odontoblasten und die Bildung von regenerativem Dentin nicht mehr möglich sind.

Die klinische Konsequenz ist, dass in einer tiefen Kavität, bei der oftmals die Gefahr einer (ev. unerkannten) Pulpaeröffnung besteht, ein Schutzpräparat (z.B. Kalziumhydroxid, MTA oder Biodentine (hier wenig Erfahrungen)), appliziert werden sollte. In mittleren und flachen Kavitäten liegt das Primat auf dem bakteriendichten Verschluss der Kavität. Antibakterielle Adhäsive können einen zusätzlichen Schutz gegenüber bakterieller Infektion bedeuten.
 
 
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