Der komplexe Fall – Welche Fälle können wir mit Scaling lösen?

Auf den ersten Blick scheint die Beantwortung der Frage doch ganz einfach: Scaling ist die zentrale Grundvoraussetzung für erfolgreiche PA Therapie – aber ab einer (Rest)Taschentiefe von etwa 6mm zeigt die verfügbare Literatur dass die alleinige nichtchirurgische Therapie an ihre Limits kommen könnte. Zusätzlich durchgeführte Massnahmen wie z. B. Lappenoperationen scheinen dann gegenüber Scaling alleine weitere Attachmentgewinne, einen reduzierten Anteil tiefer Resttaschen sowie ein geringeres Risiko weiterer Attachmentverluste in der Langzeitbeobachtung zu erlauben.

Betrachtet man aber differenziert die derzeit vorliegende Literatur zum Thema, müssen an einer kategorischen Auslegung der Regel "ab etwa 6 mm wird operiert" berechtigte Zweifel auftauchen: Genügen eigentlich die verfügbaren Studien zum Thema noch den Ansprüchen und dem Stand heutiger Wissenschaft? Können moderne Debridementverfahren und medikamentöse Therapie den therapeutischen Vorsprung der Chirurgie nicht doch etwas schmelzen lassen? Wie müssen wirtschaftliche Aspekte und auch die Wünsche des Patienten in der Entscheidungsfindung beachtet werden?

Verzicht auf Chirurgie oder Extraktion muss also nicht immer zwangsläufig nach dem Motto "der kann oder will halt nicht operieren" in die Schublade der "Streichelparodontologie" gesteckt werden. Dabei darf aber ein unbedachter Erhalt von Zähnen mit infauster Prognose keinesfalls zur langfristigen Belastung für Behandler und Patient werden oder gar künftige Versorgungen erschweren. Jeder Patientenfall, und gerade die komplexe Situation, verlangt daher nach einem Vorgehen das unter Berücksichtigung der Wünsche und Möglichkeiten des Patienten auf einer möglichst breiten Basis aus wissenschaftlicher Evidenz und hoher individueller Behandlungsqualität steht.

Freitag, 12. November 2010
Zeit: 14:10-14:50 Uhr
Ort: CC, Harmonie
Ebene/Etage: C2
PD Dr. Gregor Petersilka

PD Dr. Gregor Petersilka 
 
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